Den Täter:innen sprachlich auf der Spur
„Wie die Schule das Schreiben verdirbt“ titelte ein österreichischer Journalist unlängst in einem Newsletter und holte darin zu einem Rundumschlag gegen die standardisierte Reifeprüfung und insbesondere das Genre der Textanalyse aus. Der Stil der Textsorte mache ihn „depressiv“, und darüber hinaus sei sei fraglich, wer solch einen „Mist“ – so der O-Ton des Newsletters – überhaupt lese.
Dass es sich bei Textanalysen keineswegs um „Mist“, sondern um hochrelevante Umgangsformen mit Texten handelt, das durfte die 7b am 5. November bei einem Workshop hautnah erleben. An diesem Tag besuchte die forensische Sprachwissenschaftlerin Dr.in Nikol Stopić die Schüler:innen im Deutschunterricht, um ihnen ihr Forschungsgebiet näherzubringen. So erkundete die Klasse in einer intensiven 50-Minuten-Einheit das faszinierende Gebiet der forensischen Linguistik. Dr.in Stopić führte die Jugendlichen dabei nicht nur kurz in die Schwerpunkte des Forschungsgebiets ein (die Sprache des Rechts, die Sprache vor Gericht sowie Autorschaftserkennung und Profiling), sondern die Schüler:innen konnten auch selbst in die Rolle von forensischen Ermittler:innen schlüpfen und mithilfe ihrer Textanalysefertigkeiten einen authentischen Kriminalfall bearbeiten. Bei diesem galt es, auf Basis von Textmerkmalen zu ermitteln, welche Texte von einem bekannten Täter, von dem eine Textprobe vorlag, geschrieben worden waren.
Nach einigem Grübeln und Analysieren legten die Schüler:innen ihre mündlich vorgetragenen Text-Gutachten vor. Dabei wurde eines klar: Bei den Äußerungen unserer Nachwuchs-Sprachdetektiv:innen handelte es sich keineswegs um „Mist“. Vielmehr konnten sie eindrucksvoll zeigen, dass Textanalysen in angewandten Kontexten gesellschaftlich hochrelevante Funktionen erfüllen – und außerdem noch Spaß machen können.


