Wie wählt Graz?

1 Okt 2021

Wie wählt Graz?

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Wie es der Lehrplan für Geschichte für die Unter- und Oberstufen vorsieht und natürlich aus aktuellem Anlass, haben sich die 4A, die 7A und die 8A gleich zu Beginn des neuen Schuljahres besonders intensiv mit dem Thema „Gemeinderatswahl in Graz“ befasst.

Nach der theoretischen Wissensvermittlung sollten die jungen Historiker*innen eine Woche vor der Gemeinderatswahl mit zwei unterschiedlichen Arbeitsaufträgen in die Innenstadt aufbrechen:

Arbeitsgruppe 1 (Oberstufe):

Die Jugendlichen sollten in Kleingruppen die Wahlstände der größten Parteien (ÖVP, KPÖ, Grüne, SPÖ, FPÖ und Neos) besuchen, um diese zu folgenden Themen zu befragen:

  • Haltung zur EU
  • Verkehrspolitik
  • Umweltpolitik
  • Migration
  • Unterscheidungsmerkmal zu anderen Parteien

Als Jungwähler strömten die Schüler*innen der Oberstufe voller Enthusiasmus in die Innenstadt. Der Großteil von ihnen kam enttäuscht und ein wenig ratlos zurück in die Schule:

Grundtenor der Rückmeldungen war, dass die meisten Wahlhelfer*innen an den Ständen wenig über das Parteiprogramm wussten und somit keine konkreten Antworten auf die oben genannten Fragen wussten. Den meisten Schüler*innen wurde Informationsmaterial in die Hand gedrückt, mit dem Hinweis doch selbst nachzulesen. Auch schwärzte ein Großteil der Wahlhelfer*innen lieber die anderen Parteien an, anstatt nach eigenen (Partei-)Antworten zu suchen. Dies war sehr frustrierend für die Jugendlichen, wo sie doch als Jungwähler eine attraktive Wählergruppe darstellen sollten. Bei der anschließenden Diskussion fragten wir uns alle, warum für eine so wichtige Tätigkeit wie Wahlwerbung z. T. sehr junge und unerfahrene Menschen herangezogen werden.

Arbeitsgruppe 2 (vorwiegend Unterstufe):

Dieser Arbeitsgruppe gehörten die Unterstufe (4A) und sieben Schülerinnen der 7A an. Ihre Aufgabe war es, Grazer Passant*innen nach ihrem Wahlverhalten zu befragen. Innerhalb von nur einer (!) Unterrichtsstunde wurden von beiden Klassen insgesamt 45 Personen befragt. Erfreulicherweise machten die Schüler*innen durchwegs positive Erfahrungen und wurden von den angesprochenen Personen mit ihrem Anliegen freundlich und wohlwollend aufgenommen. Der häufigste Grund für eine Gesprächsverweigerung war Zeitmangel oder der Umstand, dass es sich nicht um Grazer*innen handelte.

Die befragten Personen wurden nach Geschlecht und in vier Altersklassen eingeteilt, um ein differenzierteres Bild über das Wahlverhalten zu erlangen (16-25 Jahre, 26-45 Jahre, 46-65 Jahre,  65+).

 

Folgende Fragen wurden gestellt:

  • Werden Sie wählen?
  • Welche Partei?
  • Warum gerade diese?
  • Wie (un-)zufrieden sind Sie mit der derzeitigen Stadtpolitik?
  • Welche Änderungen wünschen Sie?/ Würden Sie (als Bürgermeister) vornehmen?

 

Von den 45 befragten Personen waren 31 Frauen und 14 Männer. Die beiden am stärksten vertretenen Altersgruppen waren die 26–65-Jährigen. Laut unserer Umfrage waren die meisten Befragten eine Woche vor der Wahl noch unentschlossenen oder wollten ihre Partei nicht nennen  (11 bzw. 24%, vorwiegend Frauen). Wahlgewinner waren eindeutig die „Grünen“, ihre Stimmen kamen überwiegend von den weiblichen Befragten (ca. 22% insg.). Zweitstärkste Partei war die ÖVP (7 Stimmen bzw. 16%), gefolgt von der KPÖ mit 13%. FPÖ und Neos lagen gleichauf mit je 7% der Befragten. Die SPÖ war mit nur einer Stimme (ca. 2%) eindeutig der Wahlverlierer. Vier Personen (9%) gaben an, nicht zur Wahl zu gehen.

Interessant und auffällig am Wahlverhalten war, dass Männer und Frauen v.a. bei der Gruppe der Unentschlossenen, den Grünen, der FPÖ und KPÖ stark voneinander abwichen. Unsere befragten Frauen waren großteils entweder unentschlossen oder Grün-Wählerinnen. Die SPÖ und die FPÖ waren für die weiblichen Befragten am unattraktivsten. Bei den männlichen Befragten dominieren die ÖVP und die KPÖ. Auch die FPÖ fand bei den Männern mehr Zuspruch.

Aufgeschlüsselt nach Altersgruppen fanden sich unter den jüngsten und älteren (!)  Wähler*innen die meisten Unentschlossenen. Laut unserer Umfrage bezogen die Grünen ihre Wählerschaft aus dem jüngeren bis mittleren Altersfeld (Berufstätige).  Sowohl die ÖVP als auch die KPÖ sprachen in etwa alle Altersklassen an.

Die Frage zur (Un-)Zufriedenheit mit der Stadtregierung bzw. die Änderungen, die sie vornehmen würden, beantwortete ein Großteil der Befragten mit dem Wunsch nach mehr „grün“, besseren Radwegen, weniger Autos in der Stadt, kritisiert wurde v.a. die Verkehrspolitik, die Baupolitik und die rasante Bodenversiegelung.